Was zählt, ist der Mensch -Steirerin-Award 2018 Gewinnerin Veronika Dietrich im Interview

Veronika Dietrich, Obfrau des Sozialmarktes Trofaiach, wurde mit dem STEIRERIN-Award 2018 in der Kategorie „Die Lokalheldin“ ausgezeichnet. Uns hat sie einen Einblick in ihre Tätigkeit gewährt.

Und plötzlich war da die Pension. Nach gefühlt einem ganzen Leben lang harter Arbeit, Vollzeit, dann noch zwei Kinder großziehen, die Enkelkinder betreuen und später sogar die eigenen Eltern pflegen.

Mit 60 Jahren war für Veronika Dietrich auf einmal eine ganz neue Leere da; zu viel Freizeit. So ein Loch tut ganz schön viel Platz in einem Leben auf und mit ihm die Chance, dieses mit neuen Ideen wieder zu füllen. Wenn man möchte. Und die Pensionistin Veronika Dietrich wollte!

Das war vor zwölf Jahren. „Anstatt mit meiner Freizeit etwas Sinnvolles in der Pension anzufangen, schaute ich nachmittags immer fern. Das hat mich extrem gestört“, erzählt Dietrich, die beim Fernsehen eines Tages einen Beitrag über deutsche Sozialmärkte sah und so die zündende Idee hatte. „Da wusste ich, dass ich so etwas auch in meinem Heimatort machen möchte. Gleich darauf habe ich mit der Recherche und der Umsetzung begonnen.“ Ihr Startkapital: Erspartes und der Mut, etwas Neues zu beginnen.

 Was dann folgte, war die Gründung eines Vereins aus zwölf Familienmitgliedern, die Suche nach der idealen Location und diversen Firmen, die Lebensmittel und Kleidung spendeten. Im Alleingang klapperte Veronika Dietrich insgesamt 72 Händler ab, schrieb Briefe, führte Gespräche und rief zu Spenden auf. Gemeldet hat sich zunächst nur der Drogeriemarkt „DM“, der mit Starterpaketen den Markt versorgte. Heute sind es mittlerweile neun Firmen, die den Sozialmarkt Trofaiach mit Spenden unterstützen. Dazu fährt die Obfrau jeden Monat ganze 500 km, um Spenden von Firmen und Privatpersonen für ihren Markt abzuholen. Hilfe bekommt sie dabei gelegentlich von ihrem Mann. Und von zwei ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen, die im Geschäft Gemüse putzen und Kassierarbeiten erledigen. Was bei den Spenden jedoch nicht dabei ist: die Grundnahrungsmittel wie Nudeln, Zucker oder Reis. „Da diese nicht ablaufen, bekomme ich sie nur geringfügig.“ Die Lösung kam mit dem Verkauf von gespendeten Kleidern, die sie im Geschäft anbietet: „Mit dem Umsatz der Kleidung kaufe ich die Grundnahrungsmittel selbst ein“, so Dietrich, die ohne externe Unterstützung wie etwa der Gemeinde den Sozialmarkt führt. Und der Rest des Umsatzes? Fließt in gemeinnützige Institutionen! „Sind alle Fixkosten des Marktes bezahlt, werden die noch vorhandenen Gelder als Spenden aufgeteilt.“

Damit schenkt sie Familien einen kleinen Zuschuss und unterstützt „Ärzte ohne Grenzen“ oder das „Rote Kreuz“. Ein Leben für Spenden. Dabei gehe es der STEIRERIN-Award-Gewinnerin immer um den Menschen selbst. Nicht, was diese vielleicht nach außen hin zu sein scheinen, welcher Religion sie angehören oder welche politische Orientierung sie haben. „Für mich steht der Mensch selbst im Vordergrund. Das ist es, was zählt.“ Ein wichtiger Grundsatz, wenn Menschen zu einem kommen, die es im Leben gerade nicht leicht haben. Und kommen tun sie – ganze 50 bis 60 Menschen, an zwei geöffneten Tagen in der Woche. „Zu mir kommen Kunden ab 25 Jahren aufwärts, vor allem alleinstehende Mütter, Witwen und Pensionisten. All Diese Menschen haben nur wenig Geld zur Verfügung, und das, obwohl viele davon ihrem Beruf nachgehen“, weiß die Obfrau. Was ihr selbst am Ende des Tages bleibe, möchten wir wissen: „Das Gefühl, etwas geleistet und geholfen zu haben.“ Das reiche für sie als Lohn völlig.

(Quelle: Die Steirerin/Ausgabe Februar 2019)