Werte und Selbstwert, Freitag 12.1.2018, 14.15 Uhr
Referentin: Mag. Dr. Sonja Rinofner-Kreidl
Der Vortrag reflektiert die Bedeutung von Werten mit Bezug auf menschliches Handeln im Allgemeinen. Unserem Handeln liegen Werte zugrunde. Das macht den speziellen Charakter und die moralische Qualität dieses Handelns aus. Davon zu unterscheiden ist jedoch das explizit an Werten orientierte, d. h. auf Werte gerichtete Handeln. Drängt sich der Wertbezug zulasten des unmittelbaren Gegenstandsbezugs unseres Handelns in den Vordergrund, so birgt dies eine doppelte Gefahr: Zum einen kann die Aufmerksamkeit für die besonderen Anforderungen der Situation und des in dieser Situation wahrgenommenen Gegenstandes verloren gehen. Zum anderen kann unser Handeln – paradoxer Weise: aufgrund seiner nachdrücklichen Werteorientierung – pharisäerhaft erscheinen bzw. sich tatsächlich in ein nur dem Anschein nach gutes, in Wahrheit aber pharisäisches Handeln verwandeln. Ist das der Fall, führt werteorientiertes Handeln häufig zu sozialen Konflikten und zugleich zu einer Entfremdung der handelnden Person von sich selber. Diese möglichen Fehlentwicklungen erläutert der Vortrag anhand des Beispiels wohltätiger Handlungen, die gemeinhin als ebenso wertvoll und sozial stabilisierend gelten wie die Dankbarkeit derer, denen die fraglichen Handlungen zugute kommen.
Abschließend wird die Frage erörtert, wie Handelnde sich zu ihren Wertverpflichtungen verhalten sollen, um einerseits die skizzierten Fehlentwicklungen zu vermeiden und sich andererseits in einer gelingenden Balance zwischen abstrakter Werteorientierung und wertebasiertem, praktischem Tun zu halten. In diesem Zusammenhang wird zwischen einem schädlichen, falsch verstandenen Selbstbezug des Handelns (Egoismus) und einem für alle moralische Entwicklung unverzichtbaren, positiven Selbstbewusstsein wertebasierten Handelns (Selbstsorge) unterschieden und folgende These verteidigt: Moralisch gutes Handeln ist zwar niemals egoistisch, es ist aber ein Irrtum anzunehmen, dass es deshalb in jeder Hinsicht selbstlos sein müsste.